Die Funkenburg in prähistorischer Zeit

Ein besonderes Merkmal des Fundplatzes auf der Funkenburg ist seine erhöhte Lage auf dem Sporn des Rotenbergs. Unmittelbar entlang des nördlichen Bergfußes fließt die Sächsische Helbe, die im 14. Jahrhundert ursprünglich zur Wasserversorgung der Stadt Weißensee kanalisiert wurde. Die Niederung, in der sich der untere Verlauf des Flusses Helbe in mehrere Arme aufspaltet, setzt nur wenige Hundert Meter nordwestlich der Funkenburg in der Nähe von Wassertaleben ein und erstreckt sich in west-östlicher Richtung bis zur Unstrut.

Die Funkenburg bot prähistorischen Siedlern die Möglichkeit, die Niederung aus erhöhter Lage zu überschauen und in der Nähe zu vermutende Furten über die Helbe zu kontrollieren. Studien zur naturräumlichen Entwicklung aus dem Umfeld Westgreußens deuten darauf hin, dass die Aueniederungen der Unstrut und ihres Nebenflusses Helbe bis mindestens in die Jahrhunderte um Christi Geburt weitgehend intakte Vegetation aufwiesen und nur an wenigen Stellen erschlossen waren.

Eine Überquerung der Helbesenke war somit aufgrund dichter Bewaldung und teilweise sumpfiger Verhältnisse östlich Westgreußens bis in diese Zeit kaum möglich. Nur am westlichen Eingang der Niederung in der Nähe der Funkenburg dürfte der saisonal beträchtlichen Wassermengen führende Flußlauf passierbar gewesen sein, was denjenigen, die die Funkenburg kontrollierten, erhebliche Standortvorteile einbrachte.¹

Die älteste Nutzung der Funkenburg setzte bereits in der Mitte des vierten Jahrtausends v.Chr. ein. In dieser als Jungneolithikum bezeichneten Epoche wurde auf dem Sporn des Rotenbergs eine erste Siedlung angelegt, der zahlreiche Grubenbefunde der Ausgrabungen zugewiesen werden können. Dazu zählt u.a. ein kleines eingetieftes Gebäude sowie eine Siedlungsgrube, in der sich neben einer umfangreichen Scherbenpackung auch eine menschliche Bestattung befand. Die weite Streuung jungneolithischer Befunde und Funde auf dem Fundplatz belegt eine weit ausgreifende Aufsiedlung des Platzes im vierten Jahrtausend. ¹

Die zweite Hauptnutzungsphase der Funkenburg datiert in die Frühbronzezeit. Statt als Siedlungsareal wurde die Funkenburg nun jedoch als Bestattungsplatz genutzt. Am Südwestrand des Sporns wurde ein kleines Gräberfeld angelegt, zu dem vermutlich auch die 1953 von U.Müller entdeckten Bestattungen gehörten. Den unverbrannt, in Hockerstellung niedergelegten Toten wurden Gefäßservice, die Speisen und Tränke für das Jenseits enthielten, mit ins Grab gegeben. Die zum Gräberfeld gehörige Siedlung befand sich nicht auf der Funkenburg, konnte aber bisher noch nicht mit Sicherheit lokalisiert werden.¹

Nachdem der Platz zwischenzeitlich aufgegeben worden war, fand in der späten Bronzezeit um 1000 v.Chr. eine Wiederbesiedlung statt. Anders als in der jungsteinzeitlichen Nutzungsphase begrenzte sich die Siedlung nun weitestgehend auf die Südseite des Sporns. ¹

Nach dem Ende dieser Siedlungsphase wurde der Osthang des Rotenbergs wiederum für mehrere Hundert Jahre verlassen. Erst in der zweiten Hälfte des dritten Jahrhunderts v.Chr. wurde die Funkenburg erneut aufgesiedelt. Während der jüngeren Vorrömischen Eisenzeit sowie in der beginnenden Römischen Kaiserzeit, d.h. vom dritten Jahrhundert v.Chr. bis in die ersten beiden Jahrzehnte nach der Zeitenwende, bestand durchgehend eine Siedlung auf dem Platz, die sich jedoch in ihrer Struktur, Größe und Funktion mehrfach wandelte. Der Großteil der im Verlauf der Ausgrabungen auf der Funkenburg dokumentierten Befunde und Funde stammt aus dieser Zeit zwischen 250 v.Chr. bis 10/20 n.Chr., einschließlich zweier Befestigungsstrukturen, die allerdings nicht gleichzeitig miteinander erbaut wurden.

Zugleich befand sich Westgreußen in der jüngeren vorrömischen Eisenzeit im Kontaktgebiet zwischen der so. Latène-Kultur, die im südlichen Mitteleuropa und dem heutigen Frankreich von den historisch überlieferten Kelten bzw. Galliern getragen wurde, und verschiedenen Kulturgruppen im Norden und Nordosten, aus denen sich im letzten Jahrhundert v.Chr. und während der ersten nachchristlichen Jahrhunderte die germanischen Stämme herausbildeten. Letzteres ging mit umfassenden gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Veränderungen einher, die auch auf der Funkenburg greifbar werden. ¹

Nachdem der Platz nach dem Ende der eisenzeitlichen Siedlung wieder lange Zeit brach gelegen hatte, wurde der Sporn im sechsten Jahrhundert n.Chr. wie bereits in der Frühbronzezeit dank seiner exponierten Lage als Bestattungsplatz verwendet. Insgesamt liegen sechs Körpergräber aus der Zeit des Thüringer Königreichs mit z.T. reichhaltigen Grabbeigaben und Überresten der Trachten vor. Nach E.Paust, der die Bestattungen wissenschaftlich aufarbeitete, zeugen zahlreiche Importgüter von weitreichenden Beziehungen nach Skandinavien und in den donauländischen Raum. ¹

¹ Quelle: R. Knechtel, Die Funkenburg bei Westgreußen in prähistorischer Zeit (Broschüre VG Greußen, 2019)